Die eine oder andere böswillige Buchfigur geht mir nicht mehr aus dem Kopf.
Meine Buchlieblinge sind eben Bösewichte mit dem Hang zum Psychopathen, die auf grausame oder durchtriebene Weise ihre Opfer einschüchtern und die Ermittler immer um einen Schritt voraus narren, um letzten Endes eines erbärmlichen Todes zu sterben - zu recht.
Einer dieser Schurken hat es geschafft, dass ich ihn trotz seiner verbrecherischen Handlungsweise auch noch sympathisch finde - James Elroy Chandler.
Wer das ist? Der Hauptheld des Buches Ich gestehe alles von Johannes Mario Simmel.
Ich besitze eine ältere, geerbte Buchausgabe. Dass sich genau dieses Werk zu einem meiner Lieblingsbücher entpuppen sollte, ahnte ich zum Zeitpunkt der Besitzübernahme natürlich nicht.
Ich mache kein Geheimnis darum, aber Simmel ist einer meiner Lieblingsautoren. Ich mag seinen Schreibstil. In diesem Buch schildert er eindrucksvoll die Veränderung eines Menschen, eben des James Elroy Chandlers, in einer ausweglosen Situation. Das gelingt ihm durch besonders spritzige Dialoge, überraschende Wendungen in der Handlung sowie bemerkenswerten Textstellen wie diesen hier:
"In jedem Leben kam der Tag, an dem man stehenbleiben musste, um, gegen die Wand gelehnt, zu kämpfen."
"Denn den Erwachsenen gehört die Gegenwart und das Gestern. Den Kindern aber, den Erwachsenen von morgen, gehört die Zukunft dieser Welt."
Aber warum mag ich James Elroy Chandler, einen Bösewicht, wie er im Buche steht?
So viel verraten:
In einer Zeit, da Chandler von beruflichen Intrigen umsponnen wird und dessen Ehe zerrüttet ist, einem außerehelichen Verhältnis nachgeht, erfährt, dass er nur noch ein Jahr zu leben hat. Nur noch ein Jahr!
Was dann in dieser kurzen Zeitspanne geschieht, hat Simmel in einer mitreißenden Story ohne überflüssige Schnörkel dargelegt.
James Elroy Chandler gleitet ab in ein völlig ungehemmtes Leben, was ich durchaus nachvollziehen kann. Er wird zum Betrüger, Lügner und Mörder. Auf der untersten Stufe des freien Falls erkennt er schließlich, welche Hoffnung ihn trägt. Am Ende der Geschichte findet er zu sich selbst zurück und als Leser neige ich dazu, ihm seine Verbrechen zu verzeihen.
Für mich ist genau diese Erkenntnis ein erstaunliches Fazit um die Story eines ungewöhnlichen Verbrechers.
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